Kontakt mit dem Übernatürlichen – Besuch der Nuckelfee

Nuckel ja oder nein? „Mal schauen“, dachten wir uns vor der Geburt. „Unbedingt ja“, sagten wir 48 Stunden später.
Unsere Nerven lagen blank. Von allen Seiten wurde uns versichert, Neugeborene würden in den ersten Tagen nur zum Trinken aufwachen und ansonsten selig schlafen. Unser Prinz hatte es sich jedoch scheinbar in den Kopf gesetzt, die Ausnahme der Regel zu sein. Er war nicht nur während der Geburt wach, was den Wehenschreiber außer Kraft setzte, sondern auch noch Stunden danach. Als er endlich ins Land der Träume fand, blieb er nie länger als 10 Minuten dort – und wir auch nicht.
„Warten Sie noch zwei Wochen, bis er sich an die Brust gewöhnt hat, dann können Sie einen Nuckel geben.“ Klar, machen wir so. Einige gescheiterte Stillversuche und eingerissene Brustwarzen später: So lange halten wir nie aus!
„Sie können ihm den kleinen Finger zum Saugen in den Mund stecken.“ Will der Herr nicht, nur den Zeigefinger. Als auch dieser Wund war: „Schatz, wo liegt nochmal der Nuckel? Wir können es ja nur mal kurz testen...“
Der Effekt war der Wahnsinn: Bis zu 30 Minuten ohne Gebrüll – eine Steigerung um 100 Prozent!
Endlich wieder zuversichtlich, die erste Zeit ohne Abklappen zu überstehen, stürzten wir uns auf den Nuckel und lobpreisten die Industrie für diese Erfindung.


Die magische Drei

Wer schiefe Zähne nicht unbedingt als Schönheitsmerkmal betrachtet, muss sich spätestens ab dem zweiten Geburtstag Gedanken über ein Leben ohne Nuckel machen. Die ersten, kläglich gescheiterten Entzugsversuche führten bei uns zu nichts anderem als Neid auf Eltern, die durchgehalten und auf Nuckel verzichtet haben.
Nach gutem Zureden und einigen Dramen konnten wir immerhin erwirken, dass der Nuckel nur noch zum Schlafen zum Einsatz kommt. Doch nun, im dritten Lebensjahr, ist es an der Zeit, ihn vollständig loszuwerden. Bloß wie?

Quelle: PixabayWer den kalten Entzug scheut, kann dieses traumatische Erlebnis ein wenig ausschmücken und zu einem Ereignis werden lassen. Zum Beispiel mit der Variante „Nuckelfee“: Alle Nuckel werden zusammen mit dem Kind in eine Box gepackt, die Nuckelfee tauscht den Inhalt dann in der Nacht gegen ein Spielzeug aus.


Büffel? (K)ein Problem!

„Was wünschst Du Dir denn, wenn die Nuckelfee kommt?“ „Viele, viele Büffel“. Gott sei Dank nichts Extravagantes, sondern nur Büffel – die werden ja kein Problem sein!
Oder doch? Nach einem Blick ins Internet war ich mir nicht mehr so sicher. Im Vergleich zu anderen Tieren gab es nur eine kleine Auswahl, teuer und mit langer Lieferzeit. Wie Eltern wissen, sind Wartezeiten bei Kindern immer so eine Sache – so auch beim Prinzen: „Mami, kannst Du bitte die Nuckelfee anrufen? Sie soll jetzt zu mir kommen“, ruft er plötzlich eines Abends aus seinem Zimmer. Oh je, denke ich, was mache ich nur? Ich habe noch gar nicht bestellt... Und hoffentlich kommt er nicht auf die Idee, selbst mit der Nuckelfee telefonieren zu wollen!


Übernatürliche Wesen und ihre Tücken

„Ja, ich rufe sie gleich an“, antworte ich nervös. Ein paar Minuten später: „Die Nuckelfee kann heute leider nicht kommen. Sie muss erst noch zu anderen Kindern gehen.“ „Hm, na gut.“
Seine Enttäuschung hält sich in Grenzen, aber Fragen hat er: Mami, spricht die Nuckelfee auch englisch? Kann sie fliegen? Wo wohnt die Nuckelfee eigentlich? Und ist sie groß oder klein? Ehe ich mich versehe, stecke ich in einer Lügenspirale und verstricke mich in Fantasiegeschichten über übernatürliche Wesen. Ich bestelle jetzt sofort, beschließe ich.

Gesagt, getan, aber wegen der Lieferzeit kann die Nuckelfee auch am nächsten Tag noch nicht kommen. „Die Nuckelfee ist gerade im Urlaub. Aber danach kommt sie zu Dir!“ Wieder prasseln Fragen auf mich ein. Ist sie mit einem Flugzeug geflogen? In welches Land ist sie denn geflogen? Wohnt sie in einem Hotel? Hat sie dort auch ein Zimmer? ... Und die Märchenstunde geht weiter ;-)


Wenn alles nach Plan läuft (bitte, bitte lass es so sein!) kommen die Büffel morgen an, so dass auch die Nuckelfee aus dem Urlaub zurückkehren kann. Wie genau ihr Besuch ablief, wird der Prinz von Moabit in einem zweiten Teil berichten.




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