Im Büffelparadies – die Nuckelfee war da!

Wie meine Mami bereits hier berichtete, war es für mich als Dreijähriger an der Zeit, Bekanntschaft mit der Nuckelfee zu machen. Heute Nacht war es endlich soweit – sie würde kommen und meine Nuckel gegen ein Geschenk austauschen!


Vorfreude ist die schönste Freude

Da ich dem Besuch dieses mysteriösen Wesens seit Tagen entgegenfieberte, begann ich bereits am Nachmittag mit den Vorbereitungen. Ich hatte drei Nuckel im Angebot. Wie sollte ich sie überreichen?
Am besten in einer kleinen Schachtel, schlug Mami vor und brachte mir Stifte, um diese verzieren zu können. Während ich kryptische Zeichen malte, adressierte sie meine Gabe an die Nuckelfee. Ich war verdutzt – konnte die etwa lesen?
Als dies bejaht wurde, wollte ich ihr auch etwas schreiben. Voller Tatendrang entwendete ich Mami den Stift und imitierte ihre Handbewegungen. Meine Botschaft lautete: „Ich bin schon groß.“
Zufrieden mit dem Werk befüllte ich es mit meinen drei Nuckeln und stellte es vor 
die Wohnungstür.


"Ich bin schon groß."
Die volle Dröhnung

Dort blieb es stehen – bis zum frühen Abend, als mich schwermütige Gedanken überkamen. Sollte ich fortan wirklich ohne Nuckel leben? Würde ich dieses beruhigende Gefühl irgendwann vergessen?
Meine letzte Gelegenheit nutzend, schleppte ich noch einmal alle Nuckel zurück in mein Bett und gab mir die volle Dröhnung. Mal stopfte ich alle drei Nuckel abwechselnd in den Mund, mal zwei gleichzeitig. Erst, als es zum Abendbrot ging, konnte ich mich von meinen jahrelangen Begleitern lösen.


Die Frage nach den Details

Während ich im Bett lag – oder besser gesagt saß und mich gegen den Schlaf wehrte – kamen mir vielfältige Gedanken in den Sinn. Warum arbeitet die Nuckelfee nachts? Schläft sie gar nicht? Muss sie essen, und wenn ja, was? Wird sie klingeln, wenn sie kommt? Falls sie das Treppenhaus nutzt, wird sie die Stufen hochfliegen?

All diese Fragen ließen mir keine Ruhe. Vor lauter Aufregung lief ich ständig zur Tür, um zu schauen, ob die Nuckelfee vielleicht schon da war. Mamis Aussage, dass diese erst kommen würde, wenn Kinder schlafen, ignorierte ich dabei völlig. Wie sich später herausstellte, zurecht – Mami hatte keine Ahnung...
...denn als ich zum zehnten Mal zur Tür lief, war es passiert: SIE war da, obwohl ich noch kein Auge zugetan hatte!
Beim Anblick der Geschenketüte entrang sich meiner Kehle ein freudiger Kreischer. „Aaaaaaaah, Mami, sie war da. Sie war da, sie war da!“


Im Büffelparadies

Schnell rannte ich zur Tür und schaute in die Tüte. Schweigend packte ich einen Büffel nach dem anderen aus. Seltsamerweise schien Mami im Gegensatz zu mir überrascht zu sein: „Boah, was ist denn das? Büffel? Hat Dir die Nuckelfee etwa viele Büffel gebracht?“ Ich konnte ihr Erstaunen kein Stück nachvollziehen. „Na klar, das habe ich doch gesagt. Ich habe Dir doch gesagt, dass die Nuckelfee viele Büffel bringt.“ Hat Mami etwa daran gezweifelt?

Glücklich und zufrieden zog ich mich mit meinen neuen Errungenschaften ins Wohnzimmer zurück. Vom Schlafen wollte ich nichts wissen, schließlich musste ich den Büffeln erst einmal unsere Wohnung zeigen. Außerdem ließ es sich auf dem Parkettboden so herrlich gut stampfen und marschieren... Nachdem ich sie anschließend mit den Dinos in meinem Zimmer bekannt gemacht hatte, nahm ich sie mit ins Bett und sang ihnen vor.

Mittlerweile war es nach 23 Uhr und ich war selbstverständlich kein bisschen müde. Nur mein Körper... und der sehnte sich nach einem Nuckel.


Drama meines Lebens

Plötzlich wurde ich mit voller Wucht von dem Verlangen überrollt, einen Nuckel als Einschlafhilfe mein Eigen nennen zu können. „Ich brauche Nuckel“, sprudelte es aus mir heraus. (Auf einen Artikel verzichtete ich in dieser emotionalen Notsituation.) Erst fordernd, dann wütend, anschließend jammernd und zuletzt verzweifelt.
Meine Mami sah ebenfalls nicht glücklich aus und versuchte, mir gut zuzureden. Sie verstehe, wie schwer der Verzicht sei, sagte sie, aber am nächsten Morgen würde ich stolz sein. Sie erzählte auch von ihrem Erlebnis mit der Nuckelfee: Sie war traurig und hat ganz fürchterlich geweint. Sogar gebrüllt und mit den Füßen gestampft hat sie. Am nächsten Morgen war jedoch alles wieder gut und sie brauchte nie wieder einen Nuckel.
Das klang ja alles ganz nett, aber... ICH BRAUCHE NUCKEL!
Nach vierzigminütiger Wiederholung dieses Satzes, ohne auch nur eine Sekunde Pause zu machen, versuchte es Mami mit Ablenkung. Sie stand auf und machte Musik an. Schlagartig hielt ich inne und jegliche Last fiel von mir ab. Musik, wie schön!
Ich sang mit und erzählte fröhliche Geschichten zu den Liedern bis nach Mitternacht. Dann schlief Mami ein und ich tat es ihr gleich.  


Der Wille siegt!

Der nächste Morgen war herrlich. Mami lag zwar mit der die-Nuckelfee-kommt-erst-wenn-Du-schläfst-Story falsch, aber mit dem Stolz und der Freude über die eigene Stärke nach der ersten Nacht hatte sie recht. Ich vermisste nichts, auch nicht beim Mittagsschlaf in der Kita. Abends betonte ich noch einmal: „Ich schlafe ohne Nuckel, den brauche ich nicht mehr. Den hat ja die Nuckelfee und ich bin schon groß.“ Danach nie wieder ein Wort.


Wie sieht es aus – bist Du schon groß oder nuckelst Du noch? 

Zurück   /   Vor

Kommentare

Beliebte Posts