„Flamingos machen so: Arr, arr.“ Familienurlaub auf Mallorca (Teil 1)

Als Student sind Flugreisen schnell geplant: Billigster Flug mitten in der Nacht, eine günstige Absteige in irgendeinem Hinterhof und eine Bibliotheksausgabe des Lonely Planet. Fertig – der Rest wird sich schon ergeben. Was ändert sich, wenn ein Kleinkind mit von der Partie ist?

Nichts, sofern man mit Handgepäck auskommt, es reizvoll findet, mit dem Buggy in zwielichtigen Ecken spazieren zu gehen und zudem ein Kind hat, das überall und zu jeder Tageszeit schlafen kann. Braucht man im Flieger jedoch mindestens sechs Paar Schuhe und hat Nachwuchs, der sich um 23 Uhr vor lauter Energie auf den Crosstrainer schwingt, sollten Urlaubsziel, Reiseweg sowie Gepäck wohl durchdacht sein.

In unserem Fall bedeutete dies: Pauschalreise nach Mallorca. Wie die Rentner und Saufkumpanen, yeah!
Mallorca, wir kommen!
Genau auf diese Klientel trafen wir dann auch, als wir letzten Sommer mit dem zweieinhalbjährigen Prinzen, zwei riesigen Koffern, drei Rucksäcken und einem Buggy den Flughafen erreichten.


Der erste Flug

Aufregung beim Dröhnen des Motors, Bauchkribbeln beim Start, ein staunender Blick aus dem Fenster. Würde es dem Prinzen bei seinem ersten Flug genauso ergehen wie damals uns Eltern?
Die Antwort ließ lange auf sich warten, denn leider ist es nicht erlaubt, erst zwei Minuten vor dem Abheben zu erscheinen. „Geduld“ lautete das Motto für die nächsten zwei Stunden. Bekanntlich die größte Stärke des Prinzen.

Während andere Kinder auf dem Schoß ihrer Eltern saßen und Kekse aßen oder mit dem Handy spielten, suchte der Prinz unmittelbar nach der Ankunft die Tür. Er wollte keine Zeit verschwenden: „Ich will raus! Ist das da unser Flugzeug? Mach die Tür auf, ich will zum Flugzeug, jetzt!“
Wir klärten ihn über die laaaange Wartezeit auf und verwiesen auf die Mitarbeiter – diese würden schließlich die Tür öffnen. „Die Mitarbeiter? Wo sind die denn? Ich gehe mal hin und frage, ob sie die Tür aufmachen können.“ Gesagt, getan, leider erfolglos. Na, was soll’s, dachte sich der Prinz, dann probiere ich es eben allein. Ehe wir uns versahen, war er hinter der Absperrung verschwunden und rüttelte am Ausgang. Sichtlich enttäuscht kehrte er zurück: „Mir ist langweilig!“

Bücher, Spielzeug, die Läden, der Ausblick – alles langweilig. Wie langweilig, teilte er bereitwillig jedem ungefragt mit. Immerhin, einige der Mitreisenden weckten kurzzeitig sein Interesse: „Hallo. Was machst Du denn da mit Deinem Handy?“, „Wer bist Du denn? Fliegst Du auch nach Mallorca?“, „Du hast ja einen Computer. Arbeitest Du gerade? Was arbeitest Du denn?“, quatsche er wildfremde Leute an.   
   
Ich denke, ich muss nicht erwähnen, wie erleichtert wir waren, als sich die Türen endlich öffneten. Obwohl wir uns unverzüglich anstellten, waren wir am Ende doch die Letzten im Flugzeug. In einer Schlange stehen (bleiben) muss eben auch erst geübt werden...
Der Vorteil: Direkt hinter uns lief ein Mitarbeiter. „Mama, wer ist denn das? Wieso hat er eine Weste an?“ Der nette Mann war in Plauderlaune und begann, alles über Flugzeuge zu erklären. Schließlich sagte er: „Und das hier sind die Triebwerke“. Der Prinz, etwas erstaunt über die Unwissenheit des Mitarbeiters, belehrte ihn sogleich: "Nee, das sind doch die Turbinen!"

Endlich saßen wir im Flugzeug und der Motor startete. Ich wollte die kleine Kinderhand halten und gemeinsam aus dem Fenster schauen, aber der Prinz hatte andere Pläne: „Ich will Peppa gucken!“ Wir hatten für den Urlaub nicht nur Badesachen eingekauft, sondern in weiser Voraussicht auch ein Tablet. Aber jetzt, beim Start, beim ersten Flug des Lebens?!
Doch, der Prinz meinte es ernst. Mit Pokerface starrte er auf den Bildschirm und zuckte weder beim Start mit der Wimper noch beeindruckte ihn die Aussicht aus dem Fenster.

Auch gut, dachten wir, dann schaut er eben einen Film und wir entspannen. Kaum zu Ende gedacht, legte der Prinz das Tablet beiseite: „Mir ist langweilig. Ich will aufstehen.“ Es folgte die Dauerschleife: Tisch runterklappen, Tisch hochklappen, den Passagier hinten nerven, den Passagier vorn nerven, Tisch runterklappen, Tisch... An Mittagsschlaf war nicht zu denken.
Eine kleine Verschnaufpause bot immerhin das Mittagessen: Völlig ausgehungert stürzte sich das arme Kind auf spanische Oliven und Wurst.

 





Der Transfer: Ich will der Busfahrer sein!

Schnell die Koffer abholen und rein in den gemütlichen Transferbus? Ja. Losfahren? Nein. Zumindest nicht in den nächsten 40 Minuten.
Da es im Bus keine Klapptische gab, musste eine andere Beschäftigung her. Das neue Objekt der Begierde war schnell gefunden: der Sitz des Busfahrers. „Ich will den Bus auch mal fahren“, meinte der Prinz und schickte sich an, hinter das Lenkrad zu klettern. Zwar war der Busfahrer nirgends zu sehen, aber der Schlüssel steckte – zu riskant, waren wir uns einig, und verbrachten die nächste halbe Stunde damit, unser Kind festzuhalten und abzulenken. „Schau mal, hier wachsen Palmen.“ „Ich will auf den Sitz!“ „Sieh mal, die Schilder sehen hier ganz anders aus“. „Ich will der Busfahrer sein!“
Als der Fahrer den Bus schließlich betrat, hofften wir auf einen Stimmungswechsel. Der kam auch, denn er trug eine Sonnenbrille. „Ich will auch so eine Sonnenbrille!“ *nörgel* Er hatte auch ein Handy: „Ich wollte auch mal so ein Handy haben!“ *nörgel, nörgel* Schlafen? Nö...

Während wir in den Sonnenuntergang fuhren und die anderen Fahrgäste ein Nickerchen hielten, schauten wir uns die Turnvorführung des Prinzen an. Über die Sitzlehnen klettern, eine Vorwärtsrolle, runter vom Sitz, hoch auf den Sitz, oh, ein Aschenbecher! Klappe auf, Klappe zu... Wir waren zu müde, um zu protestieren.
Gegen 23 Uhr – der Prinz war seit 7 Uhr auf den Beinen – setzte er sich endlich hin und war so ruhig, dass es schon fast gruselig war. Als wir einen Touristenstand mit Badeutensilien nach dem anderen an uns vorüberziehen sahen, meinte meine Frau: „So einen Flamingo könnten wir doch auch holen.“ FEHLER!
Wie auf Kommando richtete sich der Prinz auf: „Ja, einen Flamingo! Ich will einen Flamingo. Jetzt! Flamingos machen so: arr, arr.“ Er war regelrecht besessen. Die nächsten 10 Minuten wurde der Bus von „Ich wollte doch auch einen Flamingo! Arr, arr!“-Gebrüll erfüllt. Dann stockte er mitten im Satz, ließ den Kopf auf Mamas Schulter knallen und schnarchte. Der Busfahrer blinkte, die Hoteleinfahrt lag direkt vor uns.


Endlich da!

Er schlief beim Aussteigen, er schlief unter der Neonröhre in der Lobby, er schlief trotz lauter Musik, er schlief treppauf und treppab. Pünktlich auf der Türschwelle zum Appartement wachte er auf – natürlich.
Neue Umgebung, anderes Klima, fremde Sprache. Die erste Reaktion? „Ich will einen Flamingo! Kommt, wir suchen einen Laden.“

Als wir das Zimmer betraten, fanden wir es gar nicht so schlecht, dass der Schlaf beendet war. Trotz Bestellung fehlte nämlich das Kinderbett. Da an der Rezeption niemand den Telefonhörer abnahm, machten wir uns um Mitternacht erneut auf den Weg zur Lobby...

Fortsetzung folgt! :-)   


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