„Finger weg von unserem Baby!“ – der Prinz ist großer Bruder geworden


Nachdem sich der Prinz monatelang mit dem Thema „Baby im Bauch“ befasst hat, belegt er seit Ende Januar den Folgekurs „Baby auf dem Bauch“. Wie er die Ankunft seiner Schwester und die ersten gemeinsamen Geschwistertage erlebt hat, dokumentiert dieser Blogpost.


Flüsterton

Die Schwester war knapp zwölf Stunden auf der Welt, als der Prinz im Flüsterton das Elternzimmer auf der Wochenbettstation betrat. Seine Großeltern hatten ihm scheinbar eingebläut, „schön leise“ zu sein. Unerhörterweise hielten sie selbst sich nicht daran, so dass der Prinz erst einmal mit Zurechtweisungen beschäftigt war, ehe er seine Schwester im großen Bett suchen und begrüßen konnte.

„Hä, wo ist sie denn?“ Dass Babys klitzeklein sind, wusste er, aber dass sie selbst auf einem Kopfkissen übersehen werden können, überraschte ihn doch. Als er sie schließlich fand, begann er von Herzen zu lächeln und zu strahlen – wir ebenfalls.
„Gutschi, gutschi“, kitzelte der Prinz ihre Wange (ziemlich wild), „Guten Tag, guten Tag“, schüttelte er ihre Hände (etwas zu kräftig). Sogar küssen und halten wollte er seine Schwester. Als diese auf seinem Schoß lag, freute er sich drei Sekunden lang; dann schob er sie mit den Worten „Ach nee, doch nicht, die ist mir zu schwer“ von sich und machte sich auf den Weg zum Krankenhausspielplatz.



Die ersten Tage zuhause

Wie würde sich der Prinz zuhause verhalten, jetzt, wo wir zu viert waren? Äußerst seltsam, stellten wir fest. Während er zu den nicht-kuscheligen Kindern gehört, die Umarmungen und Küßchen nur bei Krankheit oder in Ausnahmesituationen etwas abgewinnen können, zeigte er bei seiner Schwester ein gegenteiliges Verhalten.
„Ich gucke mal nach, was sie macht“, sagte er mehrmals täglich und lief in der Hoffnung, sie sei wach, zum Stubenwagen. Dort wurde sie mit zärtlichen Gesten förmlich bombardiert und unser Prinz, der die meiste Zeit mit seinen eigenen Bedürfnissen beschäftigt ist, demonstrierte Fürsorge: „Ich decke sie zu, damit sie es schön gemütlich hat“.


Nicht ohne meine Schwester

Noch vor der Geburt haben wir uns vorgenommen, auf ausreichend „Exklusivzeit“ für den Prinzen zu achten. Beispielsweise wollten wir die ausgiebige Gute-Nacht-Geschichte mit anschließenden philosophischen Gesprächen („Wenn diese Welt endet, kommt eine neue Welt. Eine sehr schöne Welt. Da gibt es dann nur Schmetterlinge.“) unbedingt beibehalten. Der Prinz fand jedoch, seine Schwester solle dabei sein. Auch jetzt, drei Wochen später, freut er sich, wenn sie wach ist und zuhören kann.  

Einen Tag ohne die Schwester zu beginnen, ist ebenfalls unvorstellbar. Der erste Gang führt stets zu ihrem Schlafplatz. Wange streicheln, küssen, Fingerspiele und „tschüß, ich gehe jetzt in die Kita“ lassen die Mütterherzen vor Rührung zergehen.


Der Besserwisser      

Des Prinzen Schwester ist bisher ein wirklich pflegeleichtes Baby; dennoch hat auch sie hin und wieder nörgelige Momente. Der Bruder – nicht gerade bekannt für seine empathische Anteilnahme, zumindest bei Menschen – ist stets zur Stelle und erteilt uns Ratschläge. Naja, besser gesagt, Anweisungen: „Gib ihr mal den Nuckel. Nee, den anderen! Der liegt in der Küche.“, „Hier, ich habe ein Buch gebracht. Lest ihr mal was vor!“, „Ihr müsst immer wieder den Koala aufziehen, dann beruhigt sie sich“.
Selbstverständlich hat er auch Theorien über die Ursachen ihrer Verstimmung parat. „Vermutlich gefällt ihr die Musik nicht“ und „Vielleicht hat sie Angst vor dem Gaur“ stehen ganz oben auf seiner Verdachtsliste.

Praktisch an dieser Besserwisserei ist, dass es der Prinz tatsächlich besser zu wissen scheint – seine Tipps funktionieren. Wenn er sie selbst ausführt, sogar noch schneller.


Besitzansprüche

Während der Prinz seine Schwester in der ersten Zeit noch gern jedem präsentierte, versucht er sie nun vor Fremden zu schützen. Aussagen wie „Mama, zeig der Frau hier mal unser Baby“, als eine Nachbarin ihr Paket bei uns abholte, sind vorbei. Schaut ein Passant zu neugierig in den Kinderwagen, bekommt er „Hey, Finger weg von unserem Baby!“ zu hören.

Ebenso aufmerksam hat der Prinz ein Auge auf das Spielzeug seiner Schwester. Bekommt sie etwas zur Geburt geschenkt, achtet er darauf, dass es auch tatsächlich in ihrer Kiste landet. Dinge, die er als besonders interessant erachtet, packt er netterweise schon einmal in ihren Stubenwagen – dann ist es gleich da, wenn sie greifen lernt.

Apropos lernen: „Mit eins kann sie krabbeln, mit zwei kann sie laufen. Und wenn sie drei ist, kann sie mit mir vom Sofa springen.“
Bis die Sofa-Pläne umgesetzt werden können, treffen sich die Geschwister im elterlichen Bett.


Aus zwei werden acht – über Nacht

Im Laufe der Nacht füllt sich unser Bett, aus zwei Eltern werden zunächst drei Schläfer – die Schwester siedelt nach Mitternacht zu uns über – und schließlich acht: Der Prinz erscheint samt Kuscheltiergefolge im Morgengrauen.
Während er früher lediglich sein „Schafi“ mitbrachte, sind es nun vier Gefährten. „Ein Kuscheltier für jeden“, erklärt er freudig und legt jedem von uns eins in den Arm. Damit es nicht langweilig wird, sind es jede Nacht andere Tiere. Hierfür krabbelt er sogar im Dunkeln unter den Tisch, zieht seine Kuscheltierkiste hervor und trifft im Halbschlaf eine exklusive Auswahl.

Auch wenn uns sicherlich noch viele Streitereien bevorstehen (spätestens wenn es darum geht, ob die Hörner des texanischen Longhorns denen des Watussi-Rindes sehr ähneln oder nur ein bisschen...), diesen wundervollen Start ins Geschwisterleben kann uns niemand nehmen.


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