Mein viertes Jahr – Highlights 2018


Eins, zwei, drei, viele? Nicht mit mir, denn ich nehme es genau: Exakt vier Jahre alt bin ich geworden. Was mich in diesem Lebensabschnitt besonders bewegt hat, werde ich im Folgenden berichten.

Prinz von Moabit, Sardinien
Vier Jahre alt. Vergangenheit, Gegenwart,
Zukunft - die Welt liegt zu Füßen.

Der Welt ein Stückchen näher

Um die Welt kennenzulernen, muss man sie bereisen. Diesem Motto folgend, erkundete ich mit meinen Eltern Sardinien sowie verschiedene Orte Deutschlands und mit meinen Großeltern das Mittelmeer. Was ich dort erlebt habe, berichtete ich bereits – von meiner neuen Errungenschaft, einem Fahrrad, habe ich jedoch noch nichts erzählt.

 
Mobilität – völlig überbewertet?

Die (fehlende) Mobilität wird häufig als Problem für gewisse Alters- und Bevölkerungsgruppen genannt. Auch ich sah mich kurzzeitig davon betroffen und wollte mich freier bewegen können – zum Beispiel mithilfe eines Fahrrads.
Meine Mütter hatten nichts dagegen und suchten mit mir eins aus. Glücklich setzte ich mich auf mein neues Gefährt und radelte aus dem Laden. Da ein ruhiges Fleckchen zum Üben nichts für Nervenkitzelliebhaber wie mich ist, fand meine erste Fahrt gleich auf dem Alexanderplatz statt. Am Wochenende, schön voll mit Touristen, so konnte ich Slalom üben.  

Nach drei Ausflügen begann ich allmählich, an dem Mobilitätsdogma zu zweifeln. Ist die Möglichkeit der selbstständigen Fortbewegung tatsächlich so wichtig? Im Buggy ist es viel bequemer und im Bus spannender...
Nach zwei weiteren halbherzigen Ausfahrten ereilte meinem Fahrrad schließlich das gleiche Schicksal wie dem Laufrad: Es steht im Innenhof und rostet vor sich hin. Vielleicht wird meine Schwester mehr Interesse daran haben?


Der Menschheit ein Stückchen näher

Ähnliches wie für die Welt gilt für die Menschen: Um die eigene Spezies zu verstehen, muss man sie kennenlernen. Was könnte sich dafür besser eignen als eine Party?

Die aufregendste Party des Jahres erlebte ich auf einem „Hippie“ Hof in der Nähe von Düsseldorf. Sie begann mit einer Schnapseljagd – Schnitzeljagd ist für Kleine – und führte durch einen Wald, in dem ein See verborgen lag. Baden war verboten, aber viele Partygäste taten so, als könnten sie nicht lesen. (Ich glaube, die eifrigsten Schnapseljäger konnten zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht mehr lesen). Ich, ein artiger Bürger, hielt mich natürlich zurück und beobachtete das Spektakel vom Ufer aus.
Die Hinweise führten uns letztlich in einen geheimnisvollen Keller, über dem die anschließende Tanzparty stattfand. Ich sage euch, Pippi Langstrumpf wäre beim Anblick der Deko neidisch gewesen: Strohballen und liebevolle Bauernhofdetails im Wohnzimmer, dazu eine viel zu stark eingestellte Nebelmaschine und vor der Tür ein echtes Pferd.

Die lauteste Party des Jahres fand in meinem eigenen Haus statt, und zwar direkt über meinem Zimmer: Die Nachbarn feierten Polterabend. Die Wohnung war so voll, dass man sich kaum bewegen konnte, aber die Tanzfläche war leer – ein Unding! Ich schnappte mir also eine Djembe, die ich in einer Ecke entdeckte, zog sie in die Mitte des Raumes und begann zu trommeln. Mein Plan ging auf, die Aufmerksamkeit war mir sicher. Ich animierte zwei wildfremde Leute, als Statisten mitzuwirken, und brachte Schwung in die Bude.   


Neue „social skills“

Man lernt nie aus. Da ich das Sprechen und Laufen bereits beherrsche, legte ich den Fokus im letzten Lebensjahr auf die „social skills“. Warum? Unter dem Deckmantel des Eingehens auf seine Mitmenschen kann der eigene Wille viel einfacher durchgesetzt werden.
Wenn ich zum Beispiel spät abends zum zehnten Mal aus dem Bett komme und im Wohnzimmer toben will, ernte ich keinen Applaus. Komme ich aber mit meinem Radio, sage „Hör mal, Mami, hier ist Dein Lieblingslied. Ich habe Dir mein Radio gebracht, damit Du es hören kannst. Ich kann auch für Dich tanzen, schau mal“, sind meine Eltern sofort viel geschmeidiger drauf.
Eine ähnliche Masche lässt sich mit vermeintlichen Deals durchziehen. Ich setze auf Scheinkooperation: „Ich esse zwei Happs Kartoffeln und dann den Schokopudding. Nur zwei Happs!“
Auch das Thema „Versprechen“ kann zum eigenen Vorteil genutzt werden, indem man zum Beispiel folgende Taktik anwendet:

Mama: „So, das war das letzte Mal. Jetzt ist Schluss.“
Ich: „Nein, noch ein letztes Mal. Das ist wirklich das letzte Mal, versprochen. Abgemacht bedeutet abgemacht. Also, abgemacht, Mama!“


Ich entscheide!

Warum liegt der Norden im Norden und nicht im Süden? Wieso heißt der Gaur Gaur? Weshalb sieht eine Fünf aus wie eine Fünf? Seitdem ich weiß, dass die meisten Dinge des Alltags von Menschen benannt und definiert wurden, dass sie also nicht so sein müssten, wie sie sind, spüre ich meine eigene Macht immer deutlicher. Wieso sollte ich mich zum Beispiel an den Uhrzeigersinn halten?

Mami, als ich die Zeiger der Uhr drehe und die Zeit wissen will: „Eigentlich dreht sich der Zeiger genau andersherum.“
Ich: „Warum?“
Mami: „Das haben die Uhrerfinder so festgelegt. Nun halten sich alle daran, damit sie die Uhr und Zeit auf die gleiche Weise verstehen können.“
Ich: „Es wurde festgelegt? Okay. Also ich entscheide jetzt, dass sich der Uhrzeiger andersherum dreht!“  

In der Kita dreht sich ebenfalls viel um das Thema (gemeinsame) Beschlüsse. Wenn ich zum Beispiel meine Erzieherin zum Herumtoben auffordere und sie keine Lust hat, sagt sie: „Ich möchte nicht. Es ist mein Körper und ich bestimme selbst über meinen Körper.“ Finde ich gut. Wenn sie sagt, ich soll Mittagsschlaf halten, schlage ich sie einfach mit ihren eigenen Waffen: „Ich möchte keinen Mittagsschlaf halten. Es ist mein Körper und ich bestimme selbst über meinen Körper.“
Das funktioniert auch bestens beim Rausgehen, Aufräumen, Zähneputzen... Mein Körper, ich entscheide!

Ich bin gespannt, welche neuen Erkenntnisse und Möglichkeiten das neue Lebensjahr für mich bereithält.

Hier kannst Du lesen, was ich in den Jahren zuvor so angestellt habe: Highlights des Jahres

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