Urlaubsmarathon mit Kleinkind: Boltenhagen – Porto Pino – Cagliari (Teil 1)


Verantwortung abzugeben kann nicht nur entlastend sein, sondern auch spannend. Zum Beispiel, wenn man die Urlaubsplanung in die Hände von Freunden legt und sich überraschen lässt. Wo wir letztendlich gelandet sind und wie es dem Prinzen auf Reisen erging, schildert dieser Blogpost.


Planung ist (nicht) alles

Gerade wenn die Reisezeit knapp bemessen ist, muss gut überlegt werden, wie und vor allem wo diese verbracht werden soll. Auch wenn dieser Gedanke einleuchtend ist, wollten wir dieses Jahr faul sein – sollten sich doch andere um das Organisatorische kümmern! Kein Reisebüro, kein Personal Assistant, sondern unsere Freunde mit Kindern. Die würden schon wissen, was gut ist. Oder doch nicht? Egal, dachten wir uns, solange wir als Familie zusammen sind, ist es immer und überall wunderschön.


Ostseebad Boltenhagen
Die Suche nach der Mitte Deutschlands

Die Idee für den ersten Urlaubsstopp entstand aus dem Wunsch, eine ehemalige Studienfreundin – mittlerweile selbst Mutter zweier Kinder – wiederzusehen. Sie lebt in Mannheim, wir in Berlin. Schnell war klar: Wir treffen uns in der Mitte.  

Bereits in den ersten Gesprächen machte sich bemerkbar, dass wir alle unterschiedliche Erdkundelehrer hatten – denn jede von uns vermutete die Mitte Deutschlands woanders. Zudem rutschten wir bei unseren Gedankenspielen von Tag zu Tag mehr an den Rand des Landes, so dass irgendwann das Stichwort „Ostsee“ fiel.
Da wir in dieser Region bis auf einen Kurztripp nach Binz keine Erfahrung hatten, überließen wir alles der Mannheimerin. Ihre Wahl fiel schließlich auf ein Familienhotel im Ostseebad Boltenhagen.
Ende Mai packten wir unsere Koffer und machten uns auf den Weg Richtung Meer.
 

Merke: Der „Flexbus“ ist nicht immer grün

Da der Prinz gern alles ganz genau wissen will, war er vorab über unser Transportmittel – Flixbus – bestens informiert. Unter anderem war ihm die Leitfarbe Grün bekannt. Folgerichtig hielt er auf dem Busbahnhof nach einem grünen „Flexbus“ Ausschau. Wir fanden einen nach dem anderen, nur unseren nicht – der stand in der letzten Ecke und war, oh Schreck, weiß.

In meinem Inneren läuteten die Alarmglocken und ich malte mir aus, wie sich der Prinz weigern würde, einzusteigen, weil „Flexbusse“ grün und nicht weiß zu sein haben.
„Das ist unser Bus? Der ist ja weiß. Ist das wirklich unser Bus? Der ist nicht grün“, stellte er auch sogleich fest. „Vielleicht ist unser Bus noch nicht da? Der muss doch grün sein.“
Ich deutete auf das Schild und las vor – eindeutig unser Bus. Der Prinz zeigte sich nicht überzeugt und wandte sich sicherheitshalber an die Busfahrerin: „Ist das hier wirklich der Flexbus? Der ist gar nicht grün.“ Sie genoss augenscheinlich eine höhere Autorität als ich, denn nach ihrer Bestätigung stieg er zögerlich ein.

Als kleine Entschädigung waren zumindest die Busvorhänge grün. Dies entdeckte der Prinz noch auf den Treppenstufen und jauchzte: „Ooooh, der Flexbus ist DOCH grün. Aber innen.“


Wo ist mein Kind?

Die folgenden vier Stunden kam ich aus dem Staunen nicht heraus und fragte mich immer wieder, wohin mein Kind verschwunden war. Neben mir saß nämlich ein Musterkind, das sitzen blieb, aus dem Fenster schaute und zur Krönung Gemüse aß. Ich wiederhole: VIER STUNDEN LANG!
Irritiert kontrollierte ich mehrmals, ob er unter Fieber litt und fragte bei des Prinzen Mama nach, ob sie aus Versehen Baldrian Tropfen über den Reiseproviant verschüttet hatte. Negativ. Auch sie machte sich große Sorgen um unseren Sohn...


Ah, da ist es ja!

In der fünften Reisestunde kam der Prinz allmählich zu sich. Nach nicht enden wollender „Wann sind wir endlich da? Mir ist langweilig. Ich will aufstehen. Sind wir da? Ich will rumlaufen. Das ist so öde hier!“-Wiederholschleife stellte ich beruhigt fest: Ah, da ist mein Kind ja wieder!

Der Busfahrerin blieben die Nörgeleien, begleitet von Fensterscheibengehämmer und Rücklehnentritten, nicht verborgen. Statt wie die Rentner im Bus mit den Augen zu rollen, startete sie ein Unterhaltungsprogramm extra für den Prinzen. Durch das Mikrofon gab sie Auskunft über die Reiseroute, plauderte über unser Reiseziel und beschrieb die Dinge am Wegesrand. All dies stets mit einer persönlichen Ansprache, bei der sie den Prinzen beim Namen nannte – er war begeistert, und wir noch viel mehr!


Kannst Du etwa nicht lesen?

Nachdem wir unsere Ferienwohnung bezogen hatten, das heißt, unsere Koffer in den Flur geschmissen hatten, ging es sogleich ins Schwimmbad. Dies war der einzige Wunsch des Prinzen; vom Essen oder vom Meer wollte er nichts wissen.

Sobald wir im Wasser waren – selbstverständlich im Erwachsenenbecken, denn das Kinderbecken war ja „öde“ – nahm der Prinz die Halle unter die Lupe. Er suchte am Boden die Abflüsse und verfolgte an der Decke den Verlauf der Röhren, wobei er versuchte herauszufinden, welche für den Transport von Wasser und welche für die Heizung zuständig waren. Mit Blick nach oben entdeckte er auch das „Nicht vom Beckenrand springen“-Schild und wollte alles über die Symbolik und Bedeutung wissen.
Es hätte passender nicht sein können: Einige Minuten später erreichten der Mann unserer Studienfreundin und dessen Sohn das Schwimmbad, beide sprangen mit Schwung vom Beckenrand.

„Heeeey“, beschwerte sich der Prinz und paddelte mit seinen Schwimmflügeln zu dem Mann: „Man darf hier nicht runterspringen!“. Er tat unschuldig: „Wieso? Klar darf man das.“ „Nein, darf man nicht. Da ist ein Schild, da steht das drauf.“ „Ach, wer nicht lesen kann, muss sich nicht daran halten. Kannst Du lesen?“ „Nein, aber meine Mami.“ Und dann fassungslos: „Kannst DU etwa NICHT lesen?“   


Na los Mami, trau Dich!

Vom Meer gibt es nicht viel zu erzählen – genau wie auf Mallorca war es dort zu nass und zu sandig. Weitaus spannender war das unbeheizte Außenbecken des Schwimmbads, in das der Prinz unbedingt hineinwollte. „Aber Du zuerst, Mami.“ Ich beteuerte, dass es wirklich sehr, sehr kalt sei, aber mir wurde keine Gnade zuteil: „Na los Mami, trau Dich! Nun geh schon rein.“
Trommelwirbel, ich hatte es tatsächlich geschafft und streckte die Arme nach dem Prinzen aus: „Okay, jetzt kannst Du kommen.“ Er trat ein paar Schritte zurück. „Äh... ich will doch nicht. Mir ist plötzlich kalt geworden. Ich warte drinnen auf Dich, wo es warm ist.“ Sprach es und rannte davon.


Spricht man in Mannheim deutsch?

Abgesehen vom Schwimmbad verbrachten wir viel Zeit auf dem Spielplatz. Dort lauschte der Prinz immer wieder konzentriert den Gesprächen zwischen den zwei Mannheimer Erwachsenen. Ab und zu kräuselte er nachdenklich die Nase und ich merkte, dass ihn irgendetwas beschäftigte.
Eines Abends brachte er seine Gedanken dann vor dem Schlafengehen zum Ausdruck: „Mami, die sprechen manchmal so komisch. [Name] sagt immer ‚Na zuupoa‘, nicht ‚Na super‘. Ist das auch deutsch?“


Hamburg-Berlin mit dem ICE

Nachdem sich der Prinz mit dem Mannheimer Dialekt vertraut gemacht hatte, konnte er auf der Rückreise nach Berlin in eine weitere Variation der deutschen Sprache hineinhören – da er oft den Wunsch geäußert hatte, einmal mit einem ICE zu fahren, machten wir einen Umweg über Hamburg.
Anders als in Binz hatten wir auf dieser Reise tatsächlich ein Familienabteil mit viel Platz nur für uns allein. Entspannt schauten wir aus dem Fenster (der Prinz auf das Tablet), gammelten ab (der Prinz turnte auf den Bänken) und hielten Nickerchen (sobald die Wälder vorbei waren und Baustellen erschienen, interessierte sich auch der Prinz für die Aussicht).

Zuhause angekommen, packten wir die Koffer für unser nächstes Reiseziel: Porto Pino auf Sardinien.

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