Urlaubsmarathon mit Kleinkind: Boltenhagen – Porto Pino – Cagliari (Teil 2)


Nach unserem Kurzurlaub in Boltenhagen machten wir uns auf den Weg zu Station Nummer zwei: Porto Pino auf Sardinien.


Die Urlaubsplanung...

...überließen wir, wie im ersten Fall, unseren Freunden. Genauer gesagt waren es zwei Familien mit insgesamt drei Kindern von 1 bis 4 Jahren. Unsere präzise Vorgabe lautete: „Irgendwas zum Baden in Europa.“
Als der Vorschlag „Sardinien, die Karibik Europas“ gemacht wurde, hatten wir keinen blassen Schimmer, wo genau sich diese wundersame Insel befand. Dennoch sagten wir zu – und schauten anschließend zu Hause auf dem Globus nach, wohin unsere Reise gehen würde.


Die Anreise...

...verlief unkompliziert und ohne große Dramen. Mit zunehmendem Alter schien auch der Prinz eine Flugroutine entwickelt zu haben, in die er sogar – haltet euch fest! – eine kleine Schlafphase einbaut. Zwar erst bei der Landung, so dass er mit schlechter Laune geweckt werden muss, aber an den Einzelheiten kann ja noch gefeilt werden...

Da sich Porto Pino auf der anderen Seite der Insel befindet und wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als fünf Stunden gebraucht hätten – wenn alles fahren würde, was eher unwahrscheinlich ist –, wurden wir netterweise von einem der Väter abgeholt.


Ausflugspläne mit Superkräften

Im Auto betrachtete der Prinz die zahlreichen Berge Sardiniens und schmiedete sogleich Pläne für Aktivitäten. „Ich will auf diesen Berg da klettern. Oh, und auf den da. Und den und den...“ Als ich erklärte, dass Wandern Zeit braucht und Menschen meist nur einen Berg pro Tag schaffen, da man nicht nur hoch, sondern auch wieder runter muss, schaute er mich mit einem „na, da hast Du wohl nicht ganz bis zum Ende gedacht“-Blick an und meinte: „Man muss doch nicht wieder runtergehen. Man kann einfach von einem Berg zum nächsten springen.“
„Hm, gute Idee. Aber ich kann leider nicht so weit hüpfen“, dämpfte ich seinen Sportsgeist. „Ich auch nicht. Aber ich benutze einfach meine Superkräfte, dann kann ich das. Ich kann meine Superkräfte mit Dir teilen!“   
 
Ankunft in Porto Pino - direkt vor unserer Haustür

Ein verwunschener Garten und ein Experiment

Bevor wir das Ferienhaus erreichten, spazierten wir erst einmal durch den üppigen Garten mit Ausgang zum Hafen. Hier gab es nicht nur einen kleinen Pinienwald und eine Bühne, sondern auch einen echten Hexenofen. Eine riesige Terrasse mit zahlreichem Kinderspielzeug gehörte ebenfalls dazu.
Mit Vorfreude auf den nächsten Tag, an dem wir alles genauer erkunden würden, legten wir uns schlafen.

Neben der Umgebung waren wir vor allem auf das Miteinander gespannt; schließlich war ein Pärchen- und Kinderurlaub eine Premiere und somit ein Experiment für uns. Wir stellten zwei Hypothesen auf:
(1) Von den vier Kindern werden sich immer mindestens zwei streiten. Es wird jedoch nicht jedes Mal das eigene sein, so dass ein gemeinsames Spiel hin und wieder realistisch ist.
(2) Wir Erwachsenen werden nur etwas gemeinsam unternehmen, wenn wir wirklich Lust darauf haben. Kein Gruppenzwang, keine Sprüche, alle sind (fast immer) glücklich.
Um es vorweg zu nehmen: Wir trafen damit voll ins Schwarze. Beide Hypothesen bestätigten sich.

Der "Hexenofen"
Unser Weg zum Hafen
Urlaubsfeuer


„Sei ein Hochhaus!“

Die Bühne auf dem Grundstück, von den Kindern „Plattform“ genannt, war vor allem für den Prinzen und den Vierjährigen ein Highlight. Wenn sie nicht gerade imaginären Helikoptern beim Starten und Landen zuschauten, führten sie eine Zaubershow auf.
„Sei ein Frosch!“, erklang es dann und der Verzauberte hüpfte mit Quak-Quak-Geräuschen über die Bühne. „Und jetzt sei eine Kuh!“ Muuuh. Lustige Szenen, aber diese waren erst der Anfang. Sobald sich die Magier warmgezaubert hatten, begannen sie mit der Königsdisziplin: „Sei eine Oma!“ „Sei ein Hochhaus!“ „Sei eine Bank!“ „Sei Wasser!“


„Aktiviere den Löschmodus!“

Ebenfalls eine beliebte Attraktion war ein ausrangiertes, rostiges und von Spinnen bewohntes Tretboot mit Rutsche am Hafen. Dieses war wahlweise ein Feuerwehr- oder Polizeifahrzeug, ein Fluggerät und ein Dampfer – alles, nur kein Tretboot.
Eines hatten alle Spielvarianten gemeinsam: Das Fortbewegungsmittel war hochtechnologisiert. So musste beispielsweise eines der Kinder den Löschmodus aktivieren, ein Anderer das Navi einstellen und der Dritte das Fernrohr per Knopfdruck ausfahren. (Mehr zu diesem Thema gibt es hier.)   


Zwei Professoren unter sich

Während des Spiels kam es immer wieder zu amüsanten Gesprächen zwischen den Kindern.
Mit dem Vierjährigen hatte der Prinz einen Seelenverwandten gefunden, der es ebenfalls liebte, zu philosophieren und Wörter wie „Idee“ und „Theorie“ zu benutzen. Eines Abends belauschte ich die beiden Professoren bei einem Gespräch über das Thema Größe.
Der Vierjährige: „Dinge sind unterschiedlich groß.“
Der Prinz: „Ja, genau. Stegosaurusse waren zum Beispiel zwei Grad achtundsechzig groß.“
Der Vierjährige: „Boah, das ist echt groß. Menschen sind kleiner, die sind nur genau einen Meter fünfundzwanzig groß.“


Porto Pino
Nur ein Grund, ins Meer zu gehen

Ein weißer Sandstrand, klares Wasser, im Hintergrund drehen Segelboote ihre Runden. Idyllischer kann es nicht sein – oder mit den Worten des Prinzen: Öder kann es nicht sein. „Können wir nicht lieber zum Tretboot gehen?“
Wir legten uns ins Zeug und wiesen ihn auf alles hin, was am Meer und am Strand irgendwie interessant sein könnte. Dabei fiel in einem Nebensatz das Wort „Boje“ – der Prinz wurde sofort hellhörig: „Eine Boje? Wo? Ich will dahin, ich will sie anfassen. Komm, wir gehen ins Meer!“

Das Ziel, die Boje anzufassen, blieb die gesamte erste Woche der einzige Grund, ins Meer zu gehen. Erst danach begann der Prinz allmählich Gefallen daran zu finden, ins Wasser hinein- und gleich wieder herauszurennen. Meistens hielt er dabei Modder in den Händen, mit dem er uns Erwachsenen eine Schlammpackung verpasste.


Kinder, wollt ihr ein Eis?

„Jaaaa“, riefen drei von vier Kindern. Dass der Prinz nicht darunter war, wunderte uns nicht. Schließlich hatte er monatelang jedem erzählt, dass er Eis nicht mag: „Ich mag kein Eis. Wenn ich größer bin, werde ich aber Eis essen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Aber ich glaube schon.“
Tja, dieser Zeitpunkt war anscheinend genau jetzt gekommen, denn nach kurzem Zögern meinte er: „Ich will auch ein Eis“ und ließ sich daraufhin eine Viertelstunde lang mehrmals die Eiskarte vorlesen; inklusive Inhaltsstoffen, Hersteller und Beschreibung des Markenlogos.


Kinder, was für ein Eis wollt ihr? 

„Ssoko“, riefen drei von vier. Der Prinz neigte den Kopf zur Seite und sagte in seriösem Ton: „Ich hätte gern ein Cornetto Classico. Das ist mein Lieblingseis.“
Wie schön, dass er das schon vor dem Kosten wusste.


Dünenhorror und ein Wurst-Unfall

Am Meer aßen wir nicht nur Eis und fassten Bojen an. Nein, wir waren auch (ein Mal) sportlich: Von unserem Strand aus waren malerische Dünen zu sehen, die wir zu Fuß besuchen wollten. Während wir den doch recht beschwerlichen Weg auf uns nahmen, freuten wir uns auf die Belohnung: Ein wunderschöner An- und Ausblick sowie vergnügte Kinder, die die Hügel herunterrutschen. 
Was uns bei der Ankunft erwartete, war jedoch peitschender Wind und feiner Sand, der uns entgegenschlug. Dem Prinzen, mit Handtuch, Bademantel, Mütze und Sonnenbrille vermummt, machte dieser Umstand sehr zu schaffen, so dass wir Schutz in einer Imbisshütte suchten. Hier ereignete sich auch der legendäre Wurst-Unfall.

Warnhinweis: Wer schwache Nerven oder einen empfindlichen Magen hat, sollte den folgenden Teil dieses Abschnitts unbedingt auslassen!

Während die Kinder den Imbiss erkundeten, saß ich entspannt auf einem der Sitzsofas – bis der Besitzer wütend auf mich zurannte, den sichtlich verstörten Prinzen am Arm hinter sich her zerrend. Ob er etwas kaputt gemacht hatte? Oh je, hoffentlich keine teure Maschine... Da ich kein Italienisch verstand, konnte ich nur spekulieren. Ängstlich folgte ich dem tobenden Mann nach hinten in den Mitarbeiterbereich.
Dort angekommen, schmiss er mir eine Rolle Papier vor die Füße und deutete auf ein Waschbecken. Ich ließ den Blick schweifen und verstand nach und nach das Ausmaß der Glanzleistung meines Sohnes: Er hatte seinen Darm auf dem Boden entleert. Direkt vor der offenen Küche. VIER MAL.
Ich wurde rot vor Scham und musste mich gleichzeitig mit Leibeskräften gegen den größten Lachanfall meines Lebens wehren. Die Spülhilfen machten es mir nicht leicht, denn sie beobachteten mich unter schallendem Gelächter, wie ich über den Boden kroch und „Würstchen“ entfernte. Der Prinz schaute bei diesem Spektakel zu und schien von sich selbst erstaunt: „Mami, meine Kacka-Würste sind ganz schön groß, oder? Riesig.“    

Okay... Keine Dünen und kein Imbiss mehr. Dafür lieber zusätzliche Windeln.

Der verwunschene Garten mit
Häuschen
Andere Häuser sind auch interessant.
Wer hier wohl wohnt?




















Der Pärchenschreck

Da wir gerade beim Thema „Verdauung“ sind: Meistens kochten wir selbst, doch eines Abends wollten wir alle gemeinsam in einer Pizzeria speisen. Ausgerüstet mit diversen Kinderserien auf dem Tablet sowie einem tragbaren DVD-Player hatten wir uns fest vorgenommen, uns wie die verpönten Eltern zu benehmen, die ihre Kinder vor dem Fernseher parkten. Soweit die Theorie.
In der Praxis zeigte sich bereits nach fünf Minuten, dass der Vorgarten des Restaurants viel spannender war als alle Filme zusammen. Hier ließ es sich herrlich herumrennen, klettern und Verstecken spielen. Außerdem machte es großen Spaß, händchenhaltende Pärchen durch Kinderlärm vom Hof zu jagen, ehe sie sich setzten.

Auch wenn dies bedeutete, dass mindestens einer von uns vom Tisch weg und aufpassen musste, waren wir unheimlich glücklich darüber, dass unsere Kinder freiwillig auf Medien verzichteten, um an der frischen Luft herumzutoben.


Auf Wiedersehen, Porto Pino

Nach elf aufregenden Tagen war es an der Zeit, Abschied zu nehmen. Das nächste Ziel, Cagliari, wartete bereits auf uns.

Kommentare

  1. Ein wunderbarer Beitrag. Selten, dass ich die Geduld dazu habe Beiträge komplett zu lesen. Hier hab ich es geschafft und mich sehr amüsiert. Wir waren letztes Jahr auch auf Sardinien - jedoch auf der anderen Seite. Unsere Kinder sind schon größer (7 und 9 ) aber viele deiner Erlebnisse erinnern mich an Momente mit meinen beiden. Herrlich. Freu mich schon auf weitere Beiträge von dir.
    Lieben Gruß, Martina von www.stielreich.at & www.stielreich.at/blog

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    1. Liebe Martina,

      vielen Dank für Deine wundervolle Rückmeldung. Ich freue mich immer, wenn meine Beiträge ein Lächeln hervorzaubern können :-)

      Einen schönen Tag und liebe Grüße nach Österreich.

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