Du willst keine Kinder? Dann krieg keine!

Vom Pro und Kontra des Kinderkriegens – und vom Unsinn, eine kollektive Antwort auf eine individuelle Frage geben zu wollen.


Kinder sind (nicht) toll

Mutter-, Vater- und Kindertag liegen in diesem Jahr bereits hinter uns, das Hauptfamilienfest – Weihnachten – steht noch bevor. Die Vorfreude auf aufgeregte Kinder und leuchtende Augen lässt den Gedanken „Ach, Kinder sind so toll!“ laut werden. Auch ich liebe das Leben mit dem Prinzen und fand die Entscheidung für ein Kind goldrichtig. Doch was, wenn man anderer Meinung ist?

Was, wenn einem Nachwuchs als unnötige Last erscheint? Man in Kindern nichts anderes als sabbernde Wesen mit piepsigen Stimmen und schlechtem Musikgeschmack sieht, die bei einem falsch halbierten Brot und anderen Kleinigkeiten ausrasten? Sind solche Menschen herzlos?
Keineswegs – sie sind rational.


Die Sache mit der Rationalität

Es ist nicht die schlechteste Strategie, lebensverändernde Entscheidungen rational zu durchdenken. Wie ich am eigenen Leib feststellen konnte, hat jedoch der Kinderwunsch rein gar nichts mit Rationalität zu tun. Im Gegenteil, je rationaler ich ihn betrachtete, desto irrationaler – und stärker – wurde er.

Um dem eigenen Kinderwunsch auf den Grund zu gehen, können folgende Fragen hilfreich sein. Meine damaligen Antworten schreibe ich, um den Wahnsinn zu verdeutlichen, gleich dazu.


Die Checkliste

F:         Ein Leben mit Kindern bedeutet wenig Schlaf. Fällt Dir das leicht?
A:        Nein.
Ich liebe es, lange zu schlafen – vor 13 Uhr ist bei mir nichts los.

F:         Ein Leben mit Kindern bedeutet, häufiger einkaufen, kochen und waschen zu müssen. Machst Du das gern?
A:        Nein.
Ich hasse einkaufen, kochen ist mir zuwider und waschen finde ich lästig.

F:         Ein Leben mit Kindern bedeutet, täglich (mit viel Gepäck!) das Haus zu verlassen. Bist Du ein Naturtyp?
A:        Nein.
Wind in den Haaren nervt mich, von der Sonne wird mir übel und überhaupt: Fenster aufmachen reicht.  

F:         Ein Leben mit Kindern bedeutet, sich täglich zu sozialisieren. Bist Du ein geselliger Mensch?
A:        Nein. 
Small Talk ist ein Buch mit sieben Siegeln für mich und Alleinsein kein Synonym für Einsamkeit.

F:         Ein Leben mit Kindern bedeutet, hin und wieder ungewollt im Mittelpunkt zu stehen und irgendwann in Elternversammlungen zu sitzen. Bist Du eine Rampensau?
A:        Nein.
Allein der Gedanke daran versetzt mich in Panik.

F:         Ein Leben mit Kindern bedeutet, für eine lange Zeit zu großen Teilen fremdbestimmt zu sein. Stehst Du drauf?
A:        Nein.
            Ich liebe es, meinen spontanen Impulsen nachzugehen und bin am liebsten nur für mich selbst verantwortlich.

F:         Nach reiflicher Überlegung und gut durchdachten Antworten: Willst Du Kinder?
A:        JAAAAA, unbedingt!
           

Kontras

Diese Checkliste besteht, wenn man fast alles mit „nein“ beantwortet, aus zahlreichen Kontras. Wer auf dieser Grundlage keinen Kinderwunsch entwickelt, dem fehlt es weder an Herz noch an Weitsicht. Er ist einfach nur vernünftig.
Und wer so irre ist wie ich und zu dem Schluss „JAAAAA, unbedingt!“ kommt, kann auf die folgenden vermeintlichen Pros getrost verzichten.


(Vermeintliche) Pros

Selbstverständlich können auch rationale Pros gefunden werden, allerdings erscheinen diese sehr unsicher und konstruiert. Folgende drei werden besonders häufig verkündet.

(1) Kinder als Altersvorsorge – klingt nicht nur überholt, sondern ist es auch. Da Kinder Menschen sind, sind sie zudem eine sehr unsichere Ressource: Am Ende investiert man Unmengen in den Nachwuchs und erhält als Dank – wenn überhaupt – einen Platz im Heim, während die vermeintlichen Versorger eine Strandbar auf Bali eröffnen.

(2) Ungeahnte Elternfreuden – auch kein sicheres Argument, denn es ist eine fifty-fifty-Chance. Vielleicht konnte man doch gut ahnen und erwischt demzufolge den Elternfrust...

(3) Lukrative Kinderarbeit – zugegeben, dieses Pro klingt wirklich sehr verlockend. Die kleinen Kinderhände reichen in jede Ecke und könnten bestimmt hübsche Sushiröllchen formen. Zudem finden manche von ihnen es spannend (!), den Müll wegzubringen oder würden gern einmal wie Pippi Langstrumpf den Boden mit Bürsten unter dem Schuh schrubben. Wenn wir aber die Phantasie ein bisschen herunterschrauben, wird klar: Kinder verursachen viel mehr Arbeit als sie übernehmen könnten.
 
Quelle: Pixabay
Eine Zukunft mit oder ohne Kinder - bei
dieser Frage hilft die Ratio nicht weiter

Fazit: Wichtiger als die (Un)vernunft ist das Herz

Wie ersichtlich wurde, machen Pros und Kontras allein keinen Sinn; eine Familie mit Kindern zu gründen, ist eine zutiefst individuelle sowie irrationale Entscheidung. Der Versuch, andere zu überzeugen beziehungsweise abzuhalten, ist wenig hilfreich.

Wirklich vernünftig wäre es, wenn es gesellschaftlich akzeptiert wäre, dass jeder Mensch in dieser Sache auf sein Herz hört. Deshalb mein Appell an alle gebär- und zeugungsfähigen sowie adoptierwilligen Zeitgenossen:    

Du möchtest ein Kind? Wunderbar, höre auf Dein Herz, feiere Deine Irrationalität und leg los! Du willst keine Kinder? Toll, höre auf Dein Herz, vertraue Deiner Rationalität und krieg keine!
Und alle sind glücklich.


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Kommentare

  1. Toll geschrieben. Ich denke auch, warum muss man eine verallgemeinernde Antwort auf die Frage finden? Es soll/darf und muss doch bitte jeder selbst ganz alleine für sich entscheiden - möchte ich Kinder oder nicht. Ich verstehe dieser sinnlosen Diskussionen dann auch nicht.
    Wie du schreibst - höre auf dein Herz - und nicht auf andere Meinungen.
    Liebe Grüße aus dem WellSpa-Portal, Katja

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    1. Liebe Katja, vielen Dank für Deine Worte!
      Es ist schön zu lesen, dass es weitere "entspannte" Leute bzgl. des Themas gibt :-)

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  2. Also ich kann niemand verstehen, der keine Kinder möchte. Es ist einfach das Schönste, was es gibt!! Wir waren lange Kinderlos, wollten auch schon adoptieren - und dann hat es doch geklappt.

    Ich habe im Bekannten/Verwandtenkreis auch Paare, die es mittlerweile mit 60 Jahren bereuen, keine Kinder zu haben - weil eben einfach etwas fehlt.

    Aber am Ende, wie du sagst, muss das jeder für sich entscheiden.

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    1. Wie schön, dass es bei euch (doch noch) geklappt hat!

      Die Thematik "Bereuen" ist schwierig, das stimmt. Dennoch denke ich generell, dass man sich nicht zum Nachwuchs mit dem Argument "vielleicht bereust Du es später" überreden lassen sollte, wenn man fühlt, dass man keinen möchte. Wenn man unschlüssig ist oder Zukunftsangst hat, sieht die Sache noch einmal anders aus...

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  3. Ein sehr gut und wahrer Beitrag, denn du da geschrieben hast. In der heutigen Zeit sollte man es sich gut überlegen Kinder in die Welt zu setzen. Man braucht Zeit, Geld und muss einige Opfer bringen. Wenn man dazu nicht bereit ist, sollte man es lassen LG, Claudia

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    1. Vielen Dank!
      Ich denke auch, dass die Bereitschaft ausschlaggebend für das sogenannte Elternglück ist. Wenn man ständig denkt "die werden bald größer, dann wird alles besser", kann das Leben mit Kind kaum genossen werden und macht somit in gewisser Hinsicht unglücklich.

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  4. Ich finde, das muss jeder für sich selbst entscheiden.

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  5. wow.. krasse Fakten :D Aber ja.. es ist eine schwierige Frage und ich denke sowieso, dass ich das nicht Plane.. irgendeinmal bin ich älter und wenn ich ein Kind möchte, dann möchte ich eines wenns passt & sonst gibt's halt einen Hund oder so :P

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    1. Ja, oder?! ;-) Ich wundere mich noch heute, dass trotz der Fakten ein "Jaaa, unbedingt" herauskam :-D

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  6. Ein wichtiger Bericht, danke dafür. Schon immer ärgere mich darüber, dass solche Fronten aufgebaut werden.
    Alles Liebe
    Annette

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  7. ein sehr sensibles Thema, dem ich mich zwangsweise auch in letzter Zeit widmen musste! ich finde es wichtig, dass wir Frauen uns als selbstbestimmte Menschen begreifen - demnach geht aber auch niemanden an, welche Beweggründe Frau für ihre Entscheidung hat!

    liebste Grüße auch,
    ❤ Tina von liebewasist.com

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  8. Und egal, wie man sich letztlich entscheidet, nachdem man auf sein Herz gehört hat: es wird immer wieder Zeiten geben, in denen man die Richtigkeit dieser Entscheidung mal laut oder mal leise anzweifelt. Auch das ist legitim :)
    Viele Grüße
    Salvia von Liebstöckelschuh

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  9. Ich würde Kinder zwar nicht als Last empfinden und freue mich, wenn ich die Kids meiner Freundinnen und Cousinen um mich habe, aber ich will selbst einfach keine haben. Im Grunde sehe ich das wie du - Du willst keine Kinder, also bekomm keine! Ich hab meine Entscheidung tatsächlich schon mit 14 Jahren getroffen und die hat sich bis heute (22 Jahre später) nicht geändert.

    LG, Tina

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  10. Klar muss jeder selber entscheiden, ob er Kinder will oder nicht, aber irrational sind Kinder bestimmt nicht. Wäre dem so, wäre die Menschheit nicht weit gekommen und wohl bald ausgestorben. Aber Deine Checkliste spiegelt in gewisser Weise den heutigen Zustand unserer Gesellschaft wieder: egoistisch! Solche Überlegungen sind ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich Kinder wünschen und keine bekommen (können)...

    LG Kathrin

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    1. Liebe Kathrin,

      vielen Dank für Deine Überlegungen.
      Ich kann gut nachvollziehen, dass der Gedanke „ich möchte so gern Kinder, kann aber keine bekommen, und die, die könnten, wollen nicht“ sehr deprimierend sein muss. Dennoch sehe ich Mitmenschen nicht in der Pflicht, den unerfüllten Kinderwunsch Anderer stellvertretend erfüllen zu müssen. Es ist weder für Eltern noch für Kinder eine gute Basis, wenn sich nur für Nachwuchs entschieden wurde – gegen den eigenen Wunsch – damit „die Gesellschaft Ruhe gibt“.
      Was den Egoismus betrifft: Ja, meine Checkliste ist auf jeden Fall ich-bezogen. Es ist ja auch mein Leben, das sich durch ein Kind am meisten verändert. Wer in Deutschland in keiner Kommune lebt oder dies vorhat, merkt die Veränderungen durch ein Kind viel stärker als unsere Vorfahren, die in Sippen lebten und sich die Sorge um Kinder teilten. Von daher finde ich solche „egoistischen Überlegungen“ im Vorfeld völlig legitim und sogar sinnvoll, um sich selbst besser einschätzen zu können. Wie mein Beispiel zeigt, kann am Ende trotz all der Neins ein „Ja, ich will unbedingt Kinder!“ herauskommen – genau das meine ich mit irrational ;-)
      Falls auch Du zu den Menschen zählst, die sich Kinder wünschen und keine bekommen (können), wünsche ich Dir viel Glück und hoffe, dass Du einen Weg findest. Falls Du nicht dazu zählst, natürlich trotzdem alles Gute!

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