Dunkle Kutten, kosmische Klänge und psychedelisches Licht: ein Besuch in der Eisskulpturenausstellung


Wer in diesem Winter Minusgrade erleben möchte, sollte die Eisskulpturenausstellung auf dem Erdbeerhof besuchen. Hier können die Gäste – so auch der Prinz – bei -7° in eine märchenhafte Welt aus Fabelwesen und Brüsten eintauchen.



Magische Musik

Der Erdbeerhof – von Eltern als idyllische Oase geliebt oder als kommerzieller Alptraum gehasst; für Kinder ist er schlicht ein Vergnügungspark mit Erdbeerdeko. Durch die zahlreichen Besuche mit den Großeltern kennt der Prinz jeden Winkel der Anlage. Nur eines war bei unserem letzten Aufenthalt neu: die Eisskulpturenausstellung.

KutteNeugierig schaute er durch den Eingang, wo ein schmaler Flur, ganz in dunkelblau und schwarz gehüllt, zu sehen war. Rechts daneben hingen lange Kutten mit tiefen Kapuzen an der Wand, die die Besucher aufgrund der Kälte trugen. Aus den Lautsprechern drangen kosmische Klänge. Magisch angezogen, blieb der Prinz eine Weile stehen und wollte hinein: „Aber später. Jetzt ist es mir noch zu gruselig.“
Nach ein paar Fahrten mit dem Karussell unternahm er einen neuen Versuch: „Jetzt habe ich keine Angst mehr. Aber ich will keine Kutte anziehen, die gefällt mir nicht.“ Da dies keine Option für uns war, stapfte er wütend davon, dieses Mal Richtung Traktorbahn.
Einige Runden später kam der Sinneswandel, die Neugierde war stärker: „Na gut, mit Kutte. Aber sie gefällt mir trotzdem nicht!“
       

Die Initiation

Sich seinem Schicksal ergebend, zog der Prinz einen Flunsch und ließ sich die Kutte anziehen. Seine Stimmung hellte sich erst auf, als er uns ebenfalls in dieser – viel zu großen – Bekleidung sah. „Wir sehen richtig lustig aus“, lachte er.
Auch auf uns hatten die schweren Kutten eine Wirkung, vor allem in Kombination mit dem dunklen Gang und der Kälte, die den Atem sichtbar werden ließ. Jeder Schritt fühlte sich bedeutsam an, als seien wir Teil eines großen Geheimnisses. Das Konzept der Initiation ging auf: Als wir die große, schwarze Tür am Ende des Flurs durchschritten, waren wir der alltäglichen Welt entrückt.  


Böse Mäuse und liebe Drachen

Auf der anderen Seite erwarteten uns mit Liebe zum Detail entworfene und beleuchtete Eisskulpturen, zunächst zum Thema Märchen. Eine Meerjungfrau, eine von Einhörnern gezogene Kutsche, der Mausekönig. Bis auf die Bemerkung, dass es seltsam sei, dass Einhörner statt Pferde die Kutsche ziehen und der Oktopus neben der Meerjungfrau eigentlich Wasser zum „atmen“ bräuchte, blieb der Prinz stumm. Mit offenem Mund schaute er sich um und betrachtete die hohe Decke.





„Wieso ist die Ausstellung in einem so großen Raum?“, „Warum muss es hier kalt sein?“, „Wieso haben sich die Künstler Eis ausgesucht, um Skulpturen zu machen?“, „Warum haben die Künstler genau diese Figuren gemacht?“ Nach einigen (mehr oder weniger zufriedenstellenden) Erklärungsversuchen fand der Prinz schließlich die Muße, die Ausstellung an sich wirken zu lassen.
„Das sieht ganz schön gruselig aus hier. Und die Musik macht mir ein bisschen Angst.“ Vor allem die Mäuse hätten eine böse Ausstrahlung, fand der kleine Besucher. Was würde er bloß zu den zwei riesigen Drachen mit weit aufgerissenen Mäulern sagen, wenn er bereits die Nagetiere gruselig fand?
Das hier: „Oh, guck mal, die Drachen! Die machen Nasi-Nasi, die haben sich lieb.“    

Sobald wir das Märchenland verlassen hatten und „handfeste“ Tiere hinter den Drachen auftauchten, vergaß der Prinz seine Zurückhaltung. Er fasste die Figuren an, kletterte in Skulpturen hinein und erkundete die Bar aus Eis. Da Kinder keinen Schnaps trinken dürfen, hielt es ihn nicht lang auf dem gefrorenen Barhocker. Stattdessen unternahm er eine Testfahrt auf der Eisrutsche – selbstverständlich begann er direkt mit der höchsten und schnellsten Bahn.


Brüsteparadies und psychedelisches Drehdings

EisskulpturenausstellungWas können wir den Eltern anbieten, die auf ihre rutschenden Kinder warten? Eine Wand voller Brüste! So oder so ähnlich muss die künstlerische Leitung gedacht haben, als sie links neben den Rutschen einen Raum mit einer nackten Frau in verführerischer Pose, umgeben von unzähligen Brüsten, installierte. Nun ja... warum auch nicht?!

Der Prinz fand Brüste weder zu Zeiten der Flüssignahrung noch beim Besuch der Ausstellung sonderlich interessant. Viel spannender war das „Drehdings“: eine Röhre, die sich durch psychedelische Lichteffekte optisch drehte. Während mir schon längst schlecht war, wollte der Adrenalinjunkie immer und immer wieder durchlaufen. In der Mitte blieb er stets stehen, auf der Suche nach dem besten Blickwinkel, um besonders starke Übelkeit hervorzurufen.

Es war nicht leicht, den Prinzen von diesem Spiel loszureißen, aber irgendwann wärmten auch die schweren Kutten nicht mehr. Um zum Ausgang zu gelangen, mussten wir erneut das Märchenland durchqueren. „Ich habe immer noch Angst. Aber nur noch ein bisschen.“


Rückkehr in die irdische Welt

Die Angst des Prinzen war nicht grundlos, wie er mir erläuterte, als wir die bösen Mäuse umrundeten: „Nachts werden die Figuren bestimmt lebendig. Dann sind sie nicht mehr im Himmel, sondern wieder auf der Erde – aber nur ganz oben, unter den Wolken. Früher haben die Figuren nämlich wirklich gelebt, da war unser Planet ein Märchenplanet. Dann sind sie ausgestorben.“

Eisskulpturenausstellung


















Als wir die große, schwarze Tür zur Realität durchschritten, machten wir in unseren Kutten – wie die Besucher vor uns – einen verschwörerischen und wissenden Eindruck. Der Prinz ließ sich noch etwas länger von der märchenhaften Magie fesseln, indem er die Bilder an der Flurwand musterte.
Sie zeigten Eisskulpturen aus anderen Orten und Ausstellungen, darunter einen Büffel. Sofort Feuer und Flamme, wollte er in diese Stadt reisen und war sehr traurig, als er erfuhr, dass diese Figur bereits geschmolzen ist. Schnell schlug die Trauer in Wut auf die Künstler um: Wie konnten diese nur „so eine blöde Idee“ haben, vergängliches Eis zu verwenden?   

Voller Hoffnung schaute er sich das Video über die Herstellung der Figuren an, aber auch hier war kein Büffel zu sehen.
Deshalb meine Bitte, liebe Eiskünstler: Brüste sind nett, aber macht mehr Büffel! Wenn ihr den Prinzen vollends glücklich machen wollt, kreiert noch Nashörner und Moschusochsen dazu.


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